• Öffnungszeiten
  • 4.12.2024: 9:00 - 18:00 Uhr
    5.12.2024: 9:00 - 18:00 Uhr

„Wir spüren diesen Rückenwind und wollen ihn nutzen“

Die Robert Bosch GmbH ist beim Thema Wasserstoff in der Forschung und Anwendung erfolgreich. Im Interview spricht Wayne-Daniel Kern, Kaufmännischer Leiter stationäre Brennstoffzelle, über Technologien und ihre Einsatzmöglichkeiten, den Wert von Wasserstoff für die Energiewende, und er unterstreicht, wie wichtig das „Wasserstoffbündnis Bayern“ und der „HYDROGEN DIALOGUE & NUEdialog“ in Nürnberg für den Gesamtprozess sind.
Wayne-Daniel Kern, Kaufmännischer Leiter stationäre Brennstoffzelle bei der Robert Bosch GmbH. Foto: Robert Bosch GmbH

Herr Kern, Bosch will seine Hochtemperatur-Brennstoffzellensysteme zum marktreifen Massenprodukt machen. Welche Eigenschaften bzw. Vorteile haben diese?

Kern: Die stationäre Brennstoffzelle von Bosch zeichnet sich durch vier wesentliche Vorteile aus.

Zum einen zeigen wir in unseren heute schon laufenden Geräten einen elektrischen Wirkungsgrad von über 60%. Das ist im Vergleich zu anderen Technologien, aber auch zu bekannten Brennstoffzellengeräten, heute Benchmark. Mit Wärmeauskopplung erreichen wir sogar Effizienzgrade von über 85-90%.

Der zweite Vorteil ist klar in der Flexibilität der benutzten Gaszusammensetzung zu sehen. Wir können heute schon die Geräte mit Bio-, Eco-, Erdgas und Wasserstoff betreiben. Und das in sämtlichen Mischverhältnissen, wenn wir die Geräte in Serie bringen werden.

Als dritter Punkt zeigen unsere Systeme praktisch keinen Schadstoff-Ausstoß von NoX oder Partikeln, geringste Lärmbelastung, weniger als normaler Straßenverkehr, bei keinerlei Vibration.

Die aber wirkliche Neuheit ist, dass unsere Brennstoffzellensysteme untereinander nicht nur per physischem Kabel zusammenschaltbar sind, sondern auch digital miteinander kommunizieren. Das ermöglicht virtuelle Kraftwerke, die gemeinsam auf einen volatilen Strombedarf reagieren können. In Summe eine Art Schwarm-Intelligenz, die das Stromnetz der Zukunft sogar noch sicherer macht.

Die Festoxid-Brennstoffzelle SOFC (Solid Oxide Fuel Cell). Foto: Robert Bosch GmbH

Die Festoxid-Brennstoffzelle SOFC (Solid Oxide Fuel Cell). Foto: Robert Bosch GmbH

Und wo kommen diese Systeme zum Einsatz?

Kern: Praktisch sind nahezu alle dezentralen Einsatzfelder vorstellbar. Durch die genannten positiven Eigenschafften sind die Anwendungsfelder unseres Systems extrem breit. Wo sehen wir also diese Systeme in der Zukunft stehen?

Beispielsweise ermöglichen wir das Laden von Elektrofahrzeugen in Innenstädten ohne notwendigen Ausbau des Stromnetzes. Oder, wir erzeugen den notwendigen Strom und die Kühlung aus Abwärme für Datenzentren und die weitere Digitalisierung unsere Welt. Wir stellen die Basisenergie von Industrieanlagen und kritischen Infrastrukturen wie Telekommunikation oder Krankenhäuser bereit oder forcieren den Ausbau der Sektorenkopplung in Wohnquartieren und Gebäudekomplexen.

Welchen Vorteil bringt dabei Wasserstoff als Energieträger?

Kern: Wir sehen in Zukunft einen stark steigenden Strombedarf, der zudem noch sicher, immer verfügbar und sauber sein muss – und das trotz des Abschaltens von Atom- und Kohlekraftwerken und dem Ausbau von erneuerbaren Energiequellen wie Solar und Wind. Ziel muss es sein, unsere Welt nachhaltig CO2-neutral mit Energie zu versorgen.

Hier ist Wasserstoff das perfekte Bindeglied, um die Transformation der Energiesysteme zu unterstützen, beziehungsweise erst zu ermöglichen. Aus diesem Grund unterstützt Bosch auch die Initiativen der EU-Kommission und ist in der „Clean Hydrogen Alliance“ durch unseren CEO Volkmar Denner vertreten.

Wo ist Bosch in der Forschung beim Thema Wasserstoff sonst noch erfolgreich?

Kern: Nicht nur bei der Forschung ist Bosch beim Thema Wasserstoff erfolgreich. Unsere Kollegen der mobilen Brennstoffzelle planen den SOP, also den Produktionsstart, für Mobilitätanwendungen schon in 2022 und ab diesem Jahr auch die Serienfertigung. Bei Bosch Thermotechnik haben wir unseren ersten H2-Boiler zur Serienreife gebracht. Es geht jetzt darum, dass Wasserstofftechnologie nicht weiter nur eine Technologie für die Forschung der Zukunft ist, sondern diese Zukunft im Hier und Heute schon zur Anwendung kommt und kommen muss.

Bosch ist Mitglied des „Wasserstoffbündnis Bayern“. Was macht Sie zuversichtlich, dass dieses Bündnis ein Turbo für die Wasserstoffwirtschaft sein kann?

Kern: Ja, das glauben wir. Im Wasserstoffbündnis sind namenhafte Unternehmen gemeinsam mit Partnern von Verbänden und Politik daran interessiert, Wasserstoff als maßgeblichen Faktor der Energiewende voranzutreiben. Das können wir nur in einer gemeinsamen Anstrengung. Und dafür steht dieses Bündnis, welches sich mit unseren Zielen deckt.

Wird Wasserstoff ein Schlüsselrohstoff für die Energiewende, national aber auch international, sein? Wenn ja, warum?

Kern: Aber natürlich. Wenn wir weiterhin eine sichere Stromversorgung ohne fossile Brennstoffe haben möchten, dann brauchen wir die Möglichkeit, regenerative Energie zu speichern. Hier stellt Wasserstoff, erzeugt durch Elektrolyse unter Einsatz von „grüner“ Energie, den Schlüsselrohstoff dar, auf den wir unsere zukünftige Energieversorgung aufbauen müssen. Heute importieren wir in Deutschland über 80% unserer Primärenergie aus dem Ausland. Auch auf EU-Ebene sieht dieses Bild ähnlich aus. Wasserstoff können wir jedoch auch zu viel größeren Teilen in der EU selbst herstellen, werden aber auch langfristig auf Importe aus anderen Teilen der Welt angewiesen sein – diese Chancen sollten wir nutzen.

Die Pilotanlage in Wernau besteht aus drei Festoxid-Brennstoffzellen in einem Container. Foto: Robert Bosch GmbH

Die Pilotanlage in Wernau besteht aus drei Festoxid-Brennstoffzellen in einem Container. Foto: Robert Bosch GmbH

Die im Juni verabschiedete Nationale Wasserstoffstrategie soll Unternehmen Rückenwind geben. Wie kommt dieser bei Bosch an?

Kern: Unsere Deutsche Wasserstoffstrategie ist eingebettet in den europäischen Kontext des „Green Deals“ der EU-Kommission. Andere Länder wie beispielshaft die Niederlande, Spanien, Italien oder auch Frankreich haben ähnliche Initiativen auf den Weg gebracht. Wir spüren diesen Rückenwind und wollen ihn nutzen. Aus diesem Grund beteiligen wir uns maßgeblich wie schon gesagt, auf EU-Ebene, und unterstützen natürlich auch die Nationale Wasserstoffstrategie.

Am 18. November bringt der „HYDROGEN DIALOGUE & NUEdialog“ Wirtschaft, Wissenschaft und Politik auf dem Messegelände Nürnberg zusammen. Was erhoffen Sie sich von dieser Veranstaltung?

Kern: Solche Dialoge und Initiativen sind genau das richtige Mittel, um alle relevanten Marktteilnehmer an einen Tisch zu bringen, die notwendig sind, die Transformation hin zu einer auf Wasserstoff basierten Welt zu schaffen. Für Bosch sehen wir hier die Möglichkeit, unser Netzwerk zu stärken und Partner zu gewinnen.

Vielen Dank für das Interview

Aus der Wasserstoffgemeinschaft.

Für die Wasserstoffgemeinschaft.