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„Starke positive Dynamik in der Wasserstoffbranche“

Der Hochlauf einer internationalen Wasserstoffwirtschaft hat durch die dritte Ausgabe des HYDROGEN DIALOGUE in Nürnberg und die Premiere der Brazil Edition des HYDROGEN DIALOGUE in São Paulo starken Auftrieb bekommen. Eine der wichtigsten Fragen, wie sie sich finanziert, erklärt Experten für nachhaltiges Investieren Bruno Erbel, Managing Director beim Pariser Fonds Marguerite.
Bruno Erbel, Managing Director beim Pariser Fonds Marguerite; Copyright: Bruno Erbel

Herr Erbel, welche Kriterien sind für Investoren am wichtigsten, wenn sie Geld geben wollen?

Wir suchen nach kapitalintensiven und nachhaltigen Investitionsmöglichkeiten mit robusten vertraglichen Rahmenbedingungen und attraktiven risikobereinigten Renditen, insbesondere in einem neuen Sektor wie Wasserstoff, der als risikoreicher gilt als traditionelle Infrastrukturinvestitionen. Da der Markt für grünen Wasserstoff in Europa noch im Entstehen begriffen ist, achten wir auch sehr auf die Erwirtschaftung von Erträgen aus diesen Möglichkeiten, um sicherzustellen, dass die Wirtschaftlichkeit attraktiv genug ist, um den Kunden einen Anreiz zu bieten, langfristige Abnahmeverträge abzuschließen. Und schließlich achten wir auf die Erfolgsbilanz und die Fähigkeiten der Teams, die für die Umsetzung dieser neuen und komplexen Wasserstoffprojekte zuständig sind.

Sie haben auf dem HYDROGEN DIALOGUE in Nürnberg gesagt, dass die Rahmenbedingungen für Wasserstoff derzeit günstig sind. Was meinen Sie damit?

Die Entschlossenheit in unseren Gesellschaften, den Klimawandel zu bekämpfen, ist größer denn je, und Wasserstoff kann eine entscheidende Rolle bei der Dekarbonisierung schwer abbaubarer Sektoren (z. B. Stahl, Chemie, Zement) spielen und die Erzeugung erneuerbarer Energien ergänzen, indem er den Transport und, was noch wichtiger ist, die Speicherung grüner Energie in Form von Molekülen ermöglicht und damit die durch die Elektrifizierung unserer Gesellschaften angestrebte Energiewende weiter vorantreibt.

Wir erwarten daher, dass die Regierungen den Wasserstoffmarkt durch gezielte Förderprogramme unterstützen. Ein einschlägiges Beispiel ist das deutsche H2Global-Förderprogramm, bei dem eine staatliche Stelle Wasserstoffherstellern 10-Jahres-Abnahmeverträge zu einem angemessenen Einkaufspreis gewährt und den Wasserstoff an die Verbraucher zu einem günstigeren Marktpreis weiterverkauft, in beiden Fällen auf der Grundlage eines Auktionsverfahrens.

Hinzu kommt, dass die Preise für fossile Energieträger ein unhaltbares Niveau erreicht haben, wodurch grüner Wasserstoff als Alternative zu grauem Wasserstoff, der aus Erdgas hergestellt wird, wettbewerbsfähiger wird. Nimmt man noch die Notwendigkeit hinzu, die Versorgungssicherheit unseres Energiesystems zu gewährleisten, die heute leider nicht gegeben ist, so schafft dies ein sehr günstiges Umfeld, um dem in Europa produzierten grünen Wasserstoff einen weiteren Schub zu geben.

Marguerite hat den Auftrag, in die Infrastruktur zu investieren. Sehen Sie im Zusammenhang mit Wasserstoff eher Chancen oder Probleme?

Aus den eben genannten Gründen gibt es viele Chancen auf dem Wasserstoffmarkt in Wirtschaftsbereichen, in denen der Umstieg auf Wasserstoff wirtschaftlich sinnvoll ist und in denen andere Lösungen zur Dekarbonisierung nicht besser geeignet sind. Gleichzeitig ist die Umstellung unseres Energiesystems weg von fossilen Energien hin zu grünem Stromgas eine große Herausforderung, da wir in viel kürzerer Zeit als bisher viel mehr erneuerbare Produktionskapazitäten aufbauen müssen.

Die Dynamik in dieser Richtung ist jedoch so stark, dass wir zuversichtlich sind, dass der Markt einen Weg finden wird, um die auf dem Weg auftretenden Probleme zu überwinden, wie z. B. die technischen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem sicheren Transport von Wasserstoff in ganz Europa durch den Ausbau bestehender Erdgaspipelines oder die Entwicklung neuer Wasserstoffpipelines zur effizienten Verbindung von Angebots- und Nachfragezentren.

Letztendlich soll ein globaler Wasserstoffmarkt mit wichtigen Produktionszentren und weltweiten Transport- und Verteilungssystemen geschaffen werden. Europa kommt in diesem Sektor eine Schlüsselrolle zu, da es über starke Elektrolyseur-Hersteller und Übertragungsnetzbetreiber verfügt, die das Know-how und die Erfahrung haben, um Moleküle in ganz Europa sicher zu liefern, sowie über starke politische Bestrebungen zur Dekarbonisierung und die Fähigkeit, einen wettbewerbsfähigen gesamteuropäischen Markt für grünen Wasserstoff zu entwickeln.

Als Investor analysieren Sie akribisch die Zukunfts- und Gewinnaussichten. Worin besteht die Herausforderung bei Wasserstoff?

Trotz der Vorteile von grünem Wasserstoff bleiben Investitionen in diesen neuen Sektor vorerst eine Herausforderung, da die „Spielregeln“, die durch einen Delegierten Rechtsakt festgelegt werden sollen, nach mehr als einem Jahr intensiver Verhandlungen zwischen den Interessengruppen immer noch nicht verabschiedet sind. Ohne Klarheit an dieser Front kann der grüne paneuropäische Wasserstoffmarkt nicht entwickelt werden, können Förderregelungen nicht fertiggestellt werden und können daher Investitionen nicht in großem Umfang getätigt werden.

Die Sicherung einer wettbewerbsfähigen Stromzufuhr ist von zentraler Bedeutung, da sie die wichtigsten Betriebskosten eines Wasserstoffprojekts für die Umwandlung von Wasser in Sauerstoff und grünen Wasserstoff durch einen Elektrolyseur darstellt. Sie müssen entweder eigene Produktionskapazitäten für erneuerbare Energien aufbauen oder sich wettbewerbsfähige Stromabnahmeverträge sichern, die bei hohen Strompreisen durch Strom aus dem Netz gespeist werden. Auch die übrige Wirtschaft benötigt zusätzliche erneuerbare Produktionskapazitäten, um ihre Stromerzeugung zu dekarbonisieren.

Die langfristige Abnahme von Wasserstoff von bankfähigen Vertragspartnern ist ebenfalls von entscheidender Bedeutung, um langfristige Fremdfinanzierungen anzuziehen und die Gesamtwirtschaftlichkeit dieser Investitionsmöglichkeiten zu verbessern. Schließlich müssen die Elektrolyseure eine gewisse Größe erreichen, um die Investitionskosten zu senken.

Ziel muss es sein, ein nachhaltiges neues Ökosystem aufzubauen, das auch über die derzeitige Energiekrise hinaus Bestand hat, die vor allem durch den Einmarsch Russlands in der Ukraine verursacht wurde.

Der HYDROGEN DIALOGUE bringt die verschiedenen Interessengruppen zusammen. Sie waren in Nürnberg, welchen Eindruck haben Sie mitgenommen?

Wir haben eine starke positive Dynamik in der Wasserstoffbranche beobachtet, vor allem hier in Deutschland, mit vielen Start-ups, die sehr ehrgeizige, aber realistische Pläne haben. Es macht Sinn, dass ein Land wie Deutschland – mit bemerkenswerten technischen Kapazitäten und einer großen Nachfrage nach Wasserstoff oder seinen Derivaten (Ammoniak oder E-Methanol) – eine führende Rolle in einem so neuen und relativ unerprobten Sektor spielt.

Vielen Dank für das Interview


Weiterführende Links und Informationen…

zum HYDROGEN DIALOGUE – Summit & Expo im Messezentrum Nürnberg

zum HYDROGEN DIALOGUE Brazil Edition 2022 in São Paulo

Aus der Wasserstoffgemeinschaft.

Für die Wasserstoffgemeinschaft.